— Eine Rezension von Dr. Michael Aichmayr —
Der fiktiv in Florenz angesiedelte Kriminalroman schöpft aus einem breiten Repertoire an topographischen Bezügen, denen genaue Studien über Florenz und Umgebung vorausgegangen sind. Eingebettet in somit scheinbar reale Schauplätze verbindet sich diese Außensicht mit der Innenperspektive des Privatdetektivs Francesco Marchetti, der sich ähnlich wie im labyrinthischen Netz der Mafia auch im urbanen Netz der Stadt zunehmend verliert. Je mehr er versucht, das Geheimnis von Drohbriefen zu lüften, desto mehr gerät er selbst in die Fänge der Mafia, indem er sich in deren minutiös durchdachte Fallen und Machenschaften verstrickt.
Gekonnt legt Lukas Hochholzer in kunstvoll verschachteltem Aufbau die Fäden vielfältiger Verstrickungen, um sie dann in überraschender Weise zu entwirren und aufzulösen, nicht aber, um seinen Roman abzuschließen, sondern um erfrischend auf neue Komplotte in einem zweiten Band hinzuweisen.
Die zunehmende Identifikation mit dem Ich-Erzähler gelingt dem Autor, indem er nur skizzenhaft in einfachen Zügen individuell-menschliche Eigenschaften bzw. Schwächen zeichnet, so heißt es etwa: „Ich […] versank für einen Teil der Fahrt in einem Sportwagenmagazin, welches ich seit über zwei Monaten in meiner Jacke verstaute und ab und zu zum Zeitvertreib lese.“ Wer sich auf die Tätigkeit von Privatdetektiv Marchetti einlässt, erfreut sich auch an genauen Beschreibungen und an der Beobachtungsgabe des Autors, wobei manches funktionslose Detail die Dichte des Handlungsablaufs zwar etwas unterbricht, aber dennoch ein überzeugendes Lokalkolorit entstehen lässt.
Nicht nur die menschliche Dimension – denn damit verbunden werden Überlegungen über den Beruf eines Privatdetektivs und die diesem Beruf innewohnende Gefahr, moralische Grenzen zu überschreiten – wird thematisiert, auch Verhaltensweisen der Mafia werden auf dem Hintergrund von durchaus real überlieferten Gegebenheiten beleuchtet. In diesem Sinne erweist sich die zunehmende Verstrickung in Schuld eines schuldlos in die Falle tappenden Detektivs als erzählerischer Kunstgriff, denn der Aufdecker wird selbst nicht nur zum Opfer, sondern auch zum Täter. – Doch nur scheinbar, wie sich glücklicherweise am Schluss des Romans herausstellt!
In dieser geschickt konstruierten Pendelbewegung zwischen menschlicher Identifikation mit dem Protagonisten und jenen „gefährlichen“ Überraschungen, die diese Identifikation mit sich bringt, wird ein zunehmender Spannungsaufbau bewirkt, der dazu einlädt, sich auch den vielfältigen Überraschungen des zweiten Bandes des Romans zu widmen.
Schreibe einen Kommentar